​Erster Stop: Surfen ist kein Hallensport (Portugal)

Das hatte ich mir etwas anders vorgestellt. Das erste Ziel in meiner Auszeit war Portugal. Ich wollte während meines vierzehn tägigen Aufenthalt Abstand vom Arbeitstrott gewinnen und durch intensives Surfen sowohl technisch also auch körperlich fit für den Atlantikroadtrip werden. Aber es gibt ja noch das Wetter.

Die Reise ging wiedermal in die Gegend um Sintra zu Sintrasurf. Flüge, Unterkunft, Mietwagen und Surfstunden gebucht und von sonnigen Stunden am Strand mit bis zu zwei Surfsessions pro Tag geträumt. Der Tag der Anreise kam näher und auch die Wettervorhersage:

Wettervorhersage für die erste Woche

 

Und sie stimmte. Und eben die Tatsache das Surfen kein Hallensport ist. Und genau darauf habe ich mich ja eingelassen und bewusst das Wetter und die Wellen in den nächsten Monaten als einzigen bestimmenden Faktor für mein Leben gewählt. Diese ersten zwei Wochen zeigten mir nun komprimiert was das heisst und ich konnte lernen, den doch noch tief innen verankerten Drang nach Planung=Umsetzung loszulassen. Trotzdem ergaben sich einmalige Momente und Erfahrungen, die vielleicht ohne die Wetterlage gar nicht möglich gewesen wären.

Ich wohnte im Ort Azenhas do Mar, der direkt an den Klippen erbaut ist. Ein Südsturm prallte auf die Küste und in den ersten Tagen war kaum an ein Verlassen des Hauses zu denken. Zum Glück gab es immer mal wieder regenlose Abschnitte in denen man sich an der frischen Luft die Beine vertreten konnte.

Azenhas do Mar

 

Auf der anderen Seite zwang die Untätigkeit auch dazu, sofort einige Gänge runter zuschalten und so vollzog sich der Punkt „Abstand gewinnen“ schon fast von selbst. Der Rhythmus war bestimmt durch schlafen, lesen und spazieren gehen.
Praia Grande - Sintra

Nach drei Tagen lies der Sturm nach und es ergaben sich endlich Möglichkeiten zu surfen. Die ersten beiden Surftage in Magoito und Caxias dienten noch zum Einstieg und sich wieder mit dem Meer vertraut machen. Am dritten Tag ging es dann zum Praia da Torre. Und hier wartete eine Überraschung. Durch den Sturm wurde eine Menge Sand auf den Strand bewegt und die Sandbank so verändert, dass bei Ebbe nach einander unglaublich perfekte rechte Wellen liefen. Es war schon fasst wie in einem Wavepool. Ich konnte durch die relativ langsamen, gutmütigen und vor allem langen Wellen sehr gut meine Technik korrigieren und es war einfach nur ein Spass, eine Welle nach der anderen zu nehmen.
Nachmittags nutzte ich die Gunst des schönen Wetters und besuchte noch das Ende unserer Welt, Cabo da Roca, den westlichsten Punkt des europäischen Festlandes.

Wahrzeichen am Cabo da Roca
Leuchtturm Cabo da Roca

 

Am nächsten Tag entschied ich mich für Regeneration und unternahm eine Fotosession, in der ich Nic in seiner Wohnzimmerwelle auf dem geheimen Riff fotografierte.

Nic auf eine geheimen Riff

 

Nun folgte eines meiner Highlights des Trips. Wir fuhren nach Peniche hoch und surften in Baleal auf der Riffseite von Lagide. Im Line-up sassen nur drei Surfer und es lief eine saubere linke Welle. Der Einstieg war entspannt und wie surften eine Welle nach der anderen. Und dann erwischte ich meine perfekte, nicht enden wollende beste Welle ever.
Nachdem die Sets dann weniger und das Line-up immer voller wurden, nahmen wir jeder unsere letzte Welle und stiegen über das Riff aus.
Auf dem Rückweg fuhren wir bei der Werkstatt des Board-shaper Gato vorbei, der unter anderem die Aerial Bodyboards herstellt. Ich besprach mit ihm die Details für ein Customboard für kleine bis mittlere Wellen, dass ich dann auch gleich bestellte. Es soll auf dem Atlantiktrip mein Board für die kleinen Tage sein.

Und dann schlug die Wetterfront wieder zu. Eine erneute Sturmfront zog über die Küste und verhinderte erneut das Surfen für drei Tage. Die Zeit nutzte ich für eine kleine Wanderung entlang der Küste und für ein weiteres Highlight, einem Ausflug nach Nazare. In der Zwischenzeit war auch Michel mit Familie wieder einmal in der Gegend und so fuhren wir zusammen die eineinhalb Stunden hoch zum Leuchtturm von Nazare um den vorausgesagten 7 – 8m Swell direkt vor Ort zu besichtigen. Die Welle dort ist als Big Wave Spot bekannt, da die Beschaffenheit des Meeresgrundes bei den richtigen Bedingungen in der Lage ist, riesige Wellen zu produzieren. Bei unserem Besuch war dies nicht ganz der Fall, aber die kochende See zeigte auch so schon genug Energie und Wucht um uns nachhaltig zu beeindrucken. Und das ging nicht nur uns so. Der Aussichtspunkt war sehr rege mit Sonntagsbesuchern frequentiert und war nur kurz während eines überraschenden und heftigen Graupelschauer leergefegt.

Leuchtturm Nazare

 

Doch dann spielte das Wetter endlich an den letzten zwei Tagen mit. Bei nahezu sommerlichen Verhältnissen kamen wir jeweils zweimal ins Wasser und konnten uns bei guten Verhältnissen reichlich austoben. Abends bin ich dann angenehm kaputt ins Bett gefallen.

Boogie-Schlawiner

 

Und schon war es wieder Zeit die Rückreise anzutreten, aber die nächsten Abenteuer warten ja bereits. Und auch wenn das Wetter meinen Erwartungen an die gewünschte Quantität einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, war die Qualität der Wellen doch überraschend gut und zwei haben es sogar in meine persönlichen Top drei geschafft. Ich konnte meine Surffähigkeiten erheblich verbessern und unvergessliche Momente erleben. Vielen Dank auch wieder an Nic von Sintrasurf und seine Geduld und der unermüdlichen Jagd nach den besten Wellen. Wie er immer wieder den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort findest ist faszinierend.

Viele Grüsse,
Thomas